Code, der Geschichte schrieb – und Frauen, die niemand kannte
Frauen in der IT wurden über Jahrzehnte hinweg übersehen – ihre Leistungen nicht dokumentiert, nicht anerkannt, nicht gewürdigt. Dabei haben viele von ihnen Großes geleistet.
Ich schreibe diesen Artikel, weil mich die Geschichte einer Gruppe von Frauen tief beeindruckt hat: Sie haben einen entscheidenden Beitrag zur Entwicklung des ersten Computers geleistet – und wurden dafür lange nicht einmal erwähnt.
Wir bei ITgirls möchten unseren Beitrag dazu leisten, nicht nur mehr Frauen für IT zu begeistern, sondern auch die Sichtbarkeit derer zu erhöhen, die bereits Geschichte geschrieben haben.
Die Geschichte der ENIAC-Frauen
Der ENIAC – Electronic Numerical Integrator and Computer – war der erste universell einsetzbare elektronische Digitalrechner der Welt. 1946 wurde er der Öffentlichkeit vorgestellt, bis 1955 war er im Einsatz. Er wurde im Auftrag der US-Armee entwickelt und diente dazu, komplexe ballistische Berechnungen durchzuführen, etwa die Flugbahnen von Artilleriegeschossen.
Was lange kaum bekannt war: Programmiert wurde der ENIAC von sechs Frauen – allesamt Mathematikerinnen oder Quereinsteigerinnen, die durch ihre technische Präzision und ihr logisches Denken die Grundlage für moderne Programmierung legten:
Betty Jean Jennings Bartik – einzige Frau mit Hauptfach Mathematik in ihrem Studiengang
Kathleen McNulty Mauchly Antonelli – Mathematikerin
Frances Betty Snyder Holberton – ursprünglich Journalistin, dann Quereinsteigerin in die Informatik
Marlyn Wescoff Meltzer – Mathematikerin und Informatikerin
Frances Bilas Spence – Mathematikerin mit Nebenfach Physik
Ruth Lichterman Teitelbaum – Mathematikerin
Außerdem:
- Adele Goldstine – alleinige Autorin des Benutzerhandbuchs für den ENIAC
Als Erfinder des ENIAC galten lange ausschließlich zwei Männer – John Presper Eckert und John William Mauchly. Die Frauen tauchten in der öffentlichen Wahrnehmung schlicht nicht auf. Erst Jahrzehnte später, als eine Informatikstudentin in Harvard alte Fotos sichtete, wurde klar: Die Frauen auf den Bildern waren keine Models, wie ihr zuerst gesagt wurde – sie waren die Programmiererinnen. Erst 1997, über 50 Jahre nach der ENIAC-Präsentation, wurden ihre Leistungen offiziell anerkannt.
Filmempfehlung: Hidden Figures – Unerkannte Heldinnen
Ein ähnliches Thema greift der Film Hidden Figures (2016) auf – aktuell zu sehen bei Prime Video und Disney+. Er erzählt die wahre Geschichte von drei afroamerikanischen Frauen, die in den 1960er-Jahren bei der NASA arbeiteten. Trotz rassistischer und sexistischer Hürden berechneten sie Flugbahnen, leiteten technische Teams und programmierten die ersten Computer der NASA. Wie die ENIAC-Programmiererinnen arbeiteten auch sie im Hintergrund – technisch hochkompetent, aber ohne offizielle Anerkennung.
Beide Geschichten zeigen: Frauen waren von Anfang an Teil der Tech-Geschichte, wurden aber systematisch unsichtbar gemacht.
We go from being our father's daughters, to our husband's wives to our babies' mothers… - Mary Jackson, Hidden Figures
Von der Geschichte in die Gegenwart
Die Geschichte der ENIAC-Programmiererinnen zeigt, wie weibliche Beiträge zur Tech-Geschichte systematisch übersehen wurden – ein Muster, das sich bis heute in der Tech-Branche fortsetzt.
Zwar sind wir in Sachen Sichtbarkeit und Gleichstellung heute ein gutes Stück weiter – aber noch lange nicht am Ziel:
Nur 18,5 % der Beschäftigten in der IT in Deutschland sind Frauen (Quelle: Statista).
Es fehlen weibliche Vorbilder. Es fehlen Geschichten wie die der ENIAC-Frauen – Geschichten, in denen junge Frauen sich selbst wiederfinden können.
Fazit
Wir bei ITgirls wollen genau solche Vorbilder sichtbar machen – zum Beispiel in unserem Podcast ITgirls Talk (jetzt reinhören!).
Denn Tech-Geschichte gehört allen – auch uns.
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